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Sehr starke Steigerung der Baupreise im Jahr 2021
Konjunktur am deutschen Büroimmobilienmarkt holt zum Jahresende 2021 weiter auf
Was passiert, wenn die Zinsen steigen?
Eine weitere Ausgabe der Veröffentlichungsreihe Marktaspekte. In kurzen und prägnanten Beiträgen beleuchten wir aktuelle sowie andere wesentliche Ereignisse des Immobilienmarktes. Heute beschäftigt uns das Thema „Steigende Zinsen und deren Auswirkung auf den Wohnimmobilienmarkt“
Wie wird der Markt für selbstgenutztes Wohneigentum reagieren?
In Deutschland sind die Preise für selbstgenutztes Wohneigentum in den letzten 10 bis 11 Jahren sehr stark gestiegen. Gleichwohl lassen sich Eigenheime und Eigentumswohnungen finanzieren, weil die Zinsen niedrig sind und Wohnimmobilien als sichere Anlage gelten.
Wie sensibel ist diese Konstellation gegenüber höheren Zinsen?
Was den aktuellen Bestand an kreditfinanziertem Wohneigentum angeht, wird ein Zinsanstieg kaum Auswirkungen zeigen. Häuser und Wohnungen werden gewöhnlich über die Aufnahme langfristiger Hypotheken zu festen Zinssätzen finanziell geschultert. Nach einer jüngst durch den Verband der Pfandbriefbanken (vdp) vorgenommenen Erhebung liegt die durchschnittliche Zinsbindungsfrist dieser Kredite bei 14 bis 15 Jahren. Die Erhebung zeigt auch, dass kurz- und mittelfristige Zinsbindungsfristen mit einem Anteil von 1 % an allen Hypothekarkrediten nur eine Randgröße darstellen.
Mithin unterliegen die Privathaushalte, die in den letzten Jahren Hypothekarkredite aufgenommen haben, keinen Zinsänderungsrisiken. Sie werden aufgrund bestehender Verträge ihren Zahlungsverpflichtungen auch bei höheren Zinsen unverändert nachkommen können und nicht zu Schuldendienstanpassungen oder gar Zwangsverkäufen gezwungen sein. Eine durch Finanzierungskosten ausgelöste „Fire Sale“-Welle, die einen Verfall der Preise von Eigenheimen und Eigentumswohnungen nach sich ziehen könnte, steht definitiv nicht an. Dies gilt umso mehr, als die meisten Kreditnehmer, die niedrigen Zinsen der letzten Dekade nicht für zusätzliche Ausgaben, sondern für hohe Tilgungsraten genutzt haben. Nach der erwähnten vdp-Erhebung liegt die Anfangstilgung neu aufgenommener Hypothekenkredite seit 2015 im Mittel bei über 3 %.
Bleiben die Folgen höherer Zinsen auf das Neugeschäft.
Hier sieht es anders aus, wie an dem folgenden Beispiel zu sehen ist: Angenommen, eine selbstgenutzte Immobilie wird mit einem Fremdmittelanteil von 80 % langfristig finanziert. Das Hypothekendarlehen weist für den kompletten Finanzierungszeitraum eine Annuität von 4,5 % auf. Der Zinssatz ist fix. Nun unterstellt, dass sich dieser Zinssatz (zu Lasten der Tilgung) um 0,5 %-Punkte erhöht, zum Beispiel von 1,3 % auf 1,8 %. Um wie viel Prozent verteuert sich hierdurch der Immobilienkauf, wenn wir die höheren Zinszahlungen auf den Tag der Kreditvergabe mit 0,5 % diskontieren. Alles andere nicht verändert, erhält man eine Verteuerung der Immobilienfinanzierung um 6 %. Ein Zinsanstieg von 0,5 %-Punkten ist demnach unter den getroffenen Annahmen einem Immobilienpreisanstieg von 6 % gleichwertig. Die gleiche Rechnung führt bei einem Zinsanstieg von 1 %-Punkt zu einem Preisanstiegsäquivalent von 12,8 %, wenn die zukünftigen Zinszahlungen in diesem Fall mit 1 % diskontiert werden. Allerdings verteilen sich die Preisanstiegsäquivalente von 6 % respektive 12,8 % auf den kompletten Finanzierungszeitraum von rund 30 Jahre, sie werden also nicht sofort vollständig wirksam. Dennoch ist zu erwarten, dass das Neugeschäft – anders als der bereits finanzierte Bestand – auf höhere Zinsen reagieren wird. Diese verteuern den Wohnimmobilienerwerb, sie werden die effektive Nachfrage verringern und den Preisanstieg abbremsen. Es kommt also sowohl zu Mengen- als auch zu Preiseffekten. Es werden erstens weniger Objekte transagiert und neu gebaut, da Grenzerwerber aus dem Markt gedrängt werden. Die schwächere Nachfrage wird zweitens das Preiswachstum auf dem Bestandsmarkt im Umfang der Zinsreagibilität der nominalen Wohnimmobilienpreise reduzieren. Leider liegen zu dieser Reagibilität keine verlässlichen Schätzungen vor. Tendenziell kann diese Reagibilität aber an der Austauschbeziehung zwischen Preis- und Zinsveränderung grob erfasst werden, die für die letzten Jahre in der vorstehenden Abbildung wiedergegeben ist. Diese Austauschbeziehung dürfte aber in den nächsten Jahren steiler verlaufen, da die hohen Preise von heute einen geringeren finanziellen Spielraum lassen als die niedrigeren Preise von vor 10 Jahren.
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